Stadtwerke

VDV-Spitzen senden von Dortmund aus klare Forderungen an die Politik


Zwei Tage lang war der Branchenverband des ÖPNV und Schienengüterverkehrs zu Gast bei DSW21
Eine hochpolitische und milliardenschwere Tagesordnung hat das Präsidium des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) am Montag und Dienstag (25./26 Mai) als Gast der Dortmunder Stadtwerke AG (DSW21) im Werkssaal an der Von-den-Berken-Straße abgearbeitet. Neben der Bewältigung der Coronapandemie und den gewaltigen Herausforderungen der Mobilitätswende stand die Umsetzung des 9 €-Tickets ganz oben auf der Agenda. Die Forderung, die von der Sitzung in Dortmund ausgeht, formulierte VDV-Präsident Ingo Wortmann sehr deutlich: „Der Bund darf die notwendigen finanziellen Rahmenbedingungen nicht halbherzig umsetzen, sondern muss seine Zusagen einhalten, sonst läuft die Branche spätestens mit der Einführung des 9-Euro-Tickets zum 1. Juni in eine Kosten- und Liquiditätsfalle.“
Für Hubert Jung, den zum Jahresende ausscheidenden Verkehrsvorstand von DSW21, war die Tagung gewissermaßen sein Abschiedsspiel als VDV-Vizepräsident. Für Harald Kraus, Arbeitsdirektor von DSW21, war’s das Debüt als Präsidiumsmitglied. Kraus hatte erst unlängst den Vorsitz im VDV-Ausschuss für Personalwesen übernommen. Und für den designierten Jung-Nachfolger Ulrich Jaeger, derzeit noch Geschäftsführer von WSW mobil bei den Wuppertaler Stadtwerken, bot die Tagung die Gelegenheit, in seiner Rolle als VDV-Landesgruppenchef in NRW schon einmal Dortmund-Luft zu schnuppern – gleichwohl in angestrengter Arbeitsatmosphäre.
Denn so sehr die Verkehrsunternehmen die Idee eines auf drei Monate befristeten 9 €-Tickets begrüßen und zu unterstützen bereit sind, weil sie darin auch ein geeignetes Instrument zur (Rück)Gewinnung von Fahrgästen nach der langen Corona-Zeit sehen, so viele Fragen sind bislang politisch noch unbeantwortet.
Die Verkehrsunternehmen weisen mit Nachdruck darauf hin, dass eine solche Tarifabsenkung generell und besonders angesichts aktuell stark steigender Kosten durch Energiepreise, Personal und Angebotsausweitung weder durch die Verkehrsunternehmen noch durch Bund und Länder dauerhaft finanziert werden kann. Vielmehr zeigt die aktuelle Auseinandersetzung zwischen Bund und Länder zur Übernahme der zusätzlichen Kosten schon jetzt, welche Herausforderungen bei der nachhaltigen Finanzierung des ÖPNV entstehen können, wenn man die Tarifeinnahmen politisch motiviert drastisch absenkt. „Bundesverkehrsminister Dr. Wissing hat das 9-Euro-Ticket zurecht als Feldversuch bezeichnet, bei dem aktuell auch völlig offen ist, welche Kosten tatsächlich auf die Branche zukommen werden. Von daher unterstützen wir die Forderung der Verkehrsministerkonferenz, dass auch etwaige Mehrkosten, die den Verkehrsunternehmen aus dieser Aktion entstehen, durch den Bund ausgeglichen werden müssen. Schließlich war es auch der Bund, der diese Maßnahme beschlossen hat“, so VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff.
Im Bestreben, das 9-Euro-Ticket zum 1. Juni einzuführen, wie von Bund und Ländern beschlossen, hat die Branche bereits zahlreiche Maßnahmen in Gang gesetzt, wie etwa den Aufbau einer ergänzenden digitalen und bundesweiten Ticketplattform. Alle zu ergreifenden Maßnahmen benötigen aber einen entsprechenden zeitlichen Vorlauf, um das Personal und die Fahrgäste zu informieren, die Vertriebswege umzustellen, etc. „Wir sind hier bereits in Vorleistung gegangen, um den politischen Wunsch nach Einführung zum 1. Juni umzusetzen, denn sonst läuft uns die Zeit weg. Bund und Länder müssen jetzt dringend die Finanzierungsfragen abschließend klären“, sagt VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff.
Der VDV bekräftigt seine Forderung an den Bund, die Finanzierung im ÖPNV entsprechend der Festlegungen im Koalitionsvertrag und der getroffenen Vereinbarungen mit den Ländern umzusetzen. Dazu gehören neben der Übernahme aller Kosten für die 9 €-Ticket-Aktion in Höhe von mindestens 2,5 Milliarden Euro und den 1,2 Milliarden Euro für den Corona-Rettungsschirm der Branche auch die Erhöhung der Regionalisierungsmittel in diesem Jahr in Höhe von 1,5 Milliarden Euro zur Abdeckung der deutlich erhöhten Kosten für Strom und Diesel.